Es gibt Dichter, die begleiten einen ein Leben lang. Für mich ist das Rainer Maria Rilke – noch vor Shakespeare, obwohl ich auch seine Worte sehr liebe. Doch Rilkes Sprache, seine Bilder, seine Art, das Unsichtbare fühlbar zu machen, haben mich schon als Kind berührt.
Mein Herzstück unter seinen Gedichten ist „Der Panther“. Es ist das einzige Gedicht, das ich je auswendig konnte – seit der vierten Klasse. Ich habe es damals im Unterricht kennengelernt und konnte den Text einfach nicht mehr vergessen. Vielleicht, weil ich die Enge des Panthers, seine Sehnsucht nach Freiheit, sein stilles Leiden so sehr gefühlt habe. Bis heute ist meine Bindung zu diesem Gedicht stark – und es rührt mich jedes Mal aufs Neue.


Kürzlich habe ich mir in Berlin eine neue Rilke-Ausgabe gegönnt. Ich setzte mich ans Spreeufer, bestellte mir einen Kaffee und ein Stück Kuchen, und begann zu lesen. Diese Kombination aus Wasser, Sonne, Buch und Genuss – sie war für mich ein Moment puren Glücks.
Beim anschließenden Spaziergang ließ ich die Worte noch einmal in mir nachklingen. Die Ruhe, die Rilkes Sprache mir gibt, passte perfekt zu diesem Tag. Sie hat mich begleitet, während ich den Blick über die Spree schweifen ließ und den Moment auf mich wirken ließ.
Rilke bleibt mein Dichter der leisen Zwischentöne. Einer, der mich immer wieder erdet – egal ob am Fluss, am Meer oder zu Hause mit einer Tasse Kaffee.